Future Leadership Camp 2012

Drei Tage im wunderschönen Ostseehotel Schlossgut Groß Schwansee, zwei Tage Open Space im „Future Leadership Camp„, das von der intrinsify! GmbH ausgerichtet wurde. Worum ging es? Die Grundrichtung hat Niels Pfläging bereits am ersten Abend mit seinem Impulsvortrag „Bye-bye Management – Warum Management verzichtbar ist“ vorgegeben: Wie sieht Führung aus, wenn man einmal davon ausgeht, dass Mitarbeiter gute Arbeit leisten wollen und dazu auch qualifiziert sind? Was bedeutet es für eine Organisation, wenn man sich von dem tayloristischen Gedanken verabschiedet, dass im Management gedacht und vom Personal gemacht wird, sondern wenn man auch die Mitarbeiter als denkende, erwachsene Menschen ernst nimmt? Nicht so überraschend lief das in Niels‘ Vortrag berechtigter Weise auf den Beta Codex hinaus, der sich weitgehend mit den Vorstellungen deckt, die wir von agilem Management selbstorganisierter Teams haben.

Um sich mit diesem „neuen“ Führungsbild zu beschäftigen, hatten sich etwa 30 Führungskräfte aus allen Arten von Unternehmen zusammengefunden. Das reichte von doch eher traditionell geprägten Großunternehmen wie der Deutschen Bahn bis hin zu Unternehmen, die Selbstorganisation in die eigene DNA eingebaut haben, wie V&S oder it-agile. Ein großer Teil der Diskussionen drehte sich um die Frage „Wie kann ich das trotz meines Chefs für meinen Verantwortungsbereich umsetzen?“ – eine Diskussion, die mir aus unseren Beratungseinsätzen recht bekannt vorkam. Die Vorschläge werden Agilisten denn auch vertraut erscheinen:

  • Stelle klar, was eigentlich Dein Auftrag ist und wer was will
  • Versuche nicht, Änderungen durchzusetzen, sondern bau Strukturen auf, die änderungswillige Kollegen unterstützen
  • Nimm die Bedenken auf und gestalte gemeinsam mit den Skeptikern begrenzte Experimente, um die Hypothesen zu verifizieren oder falsifizieren und festzustellen, welche Regeln wirklich notwendig sind
  • Offene Kommunikation ist der Schlüssel zu Veränderung
  • Das Team muss nicht nur auf den Kunden achten, sondern auch auf sich selbst

Einen großen Raum nahm das Thema Gehaltsfindung ein. Nur zwei Unternehmen hatten sich von der traditionellen Gehaltsfindung entfernt und überließen das Gehalt nicht mehr dem Vorgesetzten: Benno Löffler von V&S berichtete, dass die Gehaltsfindung bei ihnen den einzelnen Mitarbeitern überlassen wird, alle Kollegen hätten aber ein Vetorecht. Entgegen den üblichen Befürchtungen machten sie aber die gleiche Beobachtung, über die Ricardo Semmler bereits in „Maverick!“ berichtet hatte: Die Mitarbeiter stuften sich selbst tendenziell eher zu niedrig ein, die Personalkosten sanken letztlich durch die Maßnahme.

Ob das it-agile System der selbstgewählten Peergroup (siehe „Selbstorganisation bei it-agile„) wirklich darauf hinausläuft, dass die Mitarbeiter das Gehalt festlegen, kann man sicherlich diskutieren. Aber auf jeden Fall waren wir neben V&S die einzige weitere Firma vor Ort, die sich davon verabschiedet hatte, Hierarchien über Bezahlung entscheiden zu lassen. Alle waren sich allerdings einig, dass eine grundlegende Voraussetzung für einen solchen Schritt die Offenlegung der bestehenden Gehaltsstruktur ist. Nur die Transparenz ermöglicht informierte und verantwortungsvolle Entscheidungen der Mitarbeiter – ein Beleg für die zu Beginn von Niels Pfläging zitierten These von Douglas McGregor, dass die Bedingungen stimmen müssen, damit Menschen sich verantwortungsvoll verhalten – und dass sie es tun, wenn die Bedingungen stimmen. Dass ein Teilnehmer berichtet hat, das Offenlegen des eigenen Gehalts sei in seinem (großen) Unternehmen ein Grund für eine fristlose Kündigung zeigt aber auch, welcher Aufwand zum Teil betrieben wird, um diese Transparenz zu verhindern und so die Rolle des traditionellen Managements aufrecht zu erhalten.

Für mich überraschend war, dass bei V&S die freie Gehaltswahl funktionierte, obwohl die Mitarbeiter dort (noch?) nicht nennenswert am Unternehmen beteiligt sind. Das schwächt leider meine Position in der Diskussion mit meinem Kollegen Stefan Roock, ob das it-agile Beteiligungsmodell eine notwendige Voraussetzung für so weitreichende Selbstorganisation ist – wie ich meine – oder nur eine hilfreiche – wie Stefan meint.

Ein weiteres Thema, das sich durch viele Gruppen zog, war Kommunikation: Wie stellt man offene Kommunikation zwischen allen Beteiligten sicher, was allgemein als Voraussetzung für neue Führungsansätze gesehen wurde. Dabei ging es sowohl um die Kommunikation von Missständen und Veränderungen, als auch um direkte Kommunikation, wie Feedback- und Beurteilungsgespräche. Gegenseitiger Respekt, Vertrauen und Augenhöhe waren wichtige Attribute, aber eben auch der regelmäßige Austausch abseits von Meetings und operativen Erfordernissen. Auch hier dürften wir bei it-agile mit unseren monatlichen Open Spaces, dem internen Microblogging und einer sehr offenen Kommunikationskultur ganz gut dabei sein.

Sehr faszinierend fand ich persönlich auch den Bericht von Robindro Ullah, der in einem internen Vorhaben der Deutschen Bahn 400 „interne Arbeitslose“ nicht nur wieder in den Berufsalltag integriert hat, sondern ihnen auch den Freiraum geschaffen hat, nach zwei bis fünf Jahren ohne Beschäftigung wieder einer erfüllenden und großteils selbstorganisierten Tätigkeit nachzugehen. Dabei handelte es sich nicht im aufstrebende Akademiker, sondern um Facharbeiter, die als „nicht umschulbar“ bereits seit mehreren Jahren durch die internen Raster gefallen waren. Diese Personen nach vielen Jahren der Frustration wieder in selbstorganisierte Teams einzubinden war eine Herausforderung der besonderen Art. Die Begeisterung, mit der Robindro von „seinen Leuten“ sprach und die Erfolge, die er vorweisen konnte, waren ein guter Beleg, dass Selbstorganisation auch in Großkonzernen möglich ist und auch für jene Personenkreise, die der Arbeitsmarkt fast schon ausgespuckt hätte. Zentraler Schlüssel ist dabei das Menschenbild des Vorgesetzten, nicht die Fähigkeiten der Mitarbeiter.

Um nicht nur zu konsumieren, warf ich eine Session über Human Systems Dynamics und das CDE-Modell ein, die anschließend für einigen Gesprächsstoff sorgte. Ich bin immer wieder erstaunt, welche Anwendungs- und Interpretationsmöglichkeiten das Modell bietet, wenn man es einer ausreichend breit aufgestellten Gruppe vorstellt.

Alles in Allem ein interessanter Workshop, gut organisiert und ich habe viele interessante Menschen kennengelernt. Meine Strategie, auf einen Open Space zu gehen, wenn sich die Zusammensetzung der Teilnehmer interessant anhört, hat sich einmal wieder bewährt. Ich persönlich hätte mir noch etwas mehr Selbstorganisation im Open Space gewünscht, aber ich gehöre ja auch zu denen, die mittlerweile die Open Space Einführung als Rap vorziehen, bin also nicht wirklich repräsentativ.

Ein wenig frappiert hat mich, dass offensichtlich recht wenige Firmen bisher konsequent auf neue Führungskonzepte setzten. Meine Hoffnung, einige Mitstreiter zu finden, die uns um so viel voraus sind, dass wir bedenkenlos von ihnen klauen, äh lernen können, hat sich nicht erfüllt. Vielleicht sieht das nächstes Jahr ja schon anders aus. Ich habe mir auf jeden Fall schon mal den 18.-20. März 2013 reserviert und das Schlossgut Groß Schwansee wird mich wohl auch nicht das letzte Mal gesehen haben.

Vortrag auf der W-Jax zu langfristiger agiler Planung

Kurzfristig werde ich am kommenden Montag, 9.11.2009 auf dem Agile Day der W-JAX in München von 9:00 Uhr bis 10:00 Uhr einen Vortrag zu langfristiger agiler Planung halten:

Techniken zur agilen Planung führen regelmäßig zu hoher Termin- und Vorhersagetreue. Dies liegt vor allem an einer belastbaren Basis von Erfahrungswerten und statistischen Daten, die sich agile Teams aufbauen. Richtig aufbereitet können diese Informationen weit über den reinen Planungsprozess hinaus eingesetzt werden. Ist die Organisation bereit, ausgetretene Pfade zu verlassen, können aus diesen Informationen belastbare langfristige Prognosen gewonnen werden, die wertvolle Informationen für Vertrieb, Geschäftssteuerung und Kundenmanagement liefern. Dieser Beitrag zeigt Praxisbeispiele für solche Ansätze, deren Nutzen und deren Einschränkungen.

Und natürlich beteilige ich mich am Nachmittag von 14:00 Uhr bis 15:00 an der Pecha Kucha Session von Martin Heider und Bernd Schiffer mit 6 Minuten und 40 Sekunden zu dem Thema „Mein agiler Koffer“ — ein Beitrag, auf den ich mich besonders freue!

Aufruf zu Einreichungen für die XPDays 2009

Auch heuer findet die (meines Wissens) größte deutschsprachige methodenübergreifende Konferenz zu agiler Entwicklung, die XPDays 2009, wieder Ende November statt, turnusmäßig im schönen Karlsruhe. Wer etwas beitragen möchte, findet den offiziellen Aufruf zu Einreichungen unter http://xpdays.de/2009/callforsessions.html, spätester Termin ist der 31.7.09; wer früher einreicht, bekommt besseres und mehr Feedback und noch eine Chance, die Einreichung zu verbessern. Es gibt nämlich einen offenen Reviewprozess, an dem jeder teilnehmen kann, der sich dazu berufen fühlt.

Umfrage zur Software Engineering Ausbildung

Für meine Keynote „Software Engineering heute“ auf dem Karlsruher VKSI Day habe ich gemeinsam mit dem OBJEKTspektrum eine Umfrage zur Ausbildung von Software Ingenieuren gestartet: http://www.sigs.de/survey/index.php?sid=33654&lang=de

Wir möchten sowohl von Praktikern als auch von Universitäten wissen, was sie bei Software Ingenieuren für wichtig halten und wie gut das derzeit abgedeckt wird. Die Ergebnisse gibt es dann am 22.6. in Karlsruhe „live“, im OBJEKTspektrum, vermutlich Ausgabe 5/2009 und hier auf meinem Blog.

Das Ausfüllen dauert knapp 10 Minuten, je mehr Personen daran teilnehmen, um so aussagekräftiger werden die Ergebnisse.

Die Umfrage endet am 3. Juni

Beiträge zu den Entwicklertagen in Karlsruhe

Logo EntwicklertageVom 22. bis zum 26. Juni finden in Karlsruhe die Karlsruher Entwicklertage statt, zu denen ich mit zwei Vorträgen und einem Worshop beitrage:

OOPSLA: Workshops für Studenten kostenlos, Frist verlängert

Erstmalig bietet die OOPSLA heuer Studenten die Möglichkeit, kostenlos an Workshops teilzunehmen und sie auch organisieren zu können, ohne für die Tage Konferenzgebühren zu zahlen. Um Studenten die Möglichkeit zu geben, dieses Angebot auch für Einreichungen zu nutzen, wurde die Einreichungsfrist bis 20. April verlängert, trotz gegenteiliger Angaben auf der Web-Site. Damit reduzieren sich die Kosten auf Anreise und Übernachtung in Orlando, Florida (25.-29.10.2009).

Gerade für Doktoranden und auch Diplomanden bietet die OOPSLA eine hervorragende Möglichkeit, sich mit Forschern und Praktikern weltweit über sein Thema auseinander zu setzen — informell auf dem Gang oder im Rahmen eines möglicherweise selbst organisierten Workshops. Bei Fragen bitte an den Workshop Chair Steve Marney wenden.

CfP: Workshop „Evolution und Wandlungsfähigkeit von Vorgehen“ auf der GI Jahrestagung

Marcus Kuhrmann und Patrick Keil von der TU-München veranstalten heuer ihren „4. Workshop: Vorgehensmodelle in der Praxis – Evolution und Wandlungsfähigkeit“ auf der GI Jahrestagung in Lübeck vom 28.9 bis 2.10. Ich denke, der Workshop ist vor allem auch aus agiler Sicht interessant, deshalb ein Ausschnitt aus dem Aufruf zu Beiträgen:

  • Wandlungsfähigkeit und Agilität
  • Retrospektiven und projektspezifische Lernschleifen
  • Rückfluss in einen organisationsweiten Erfahrungsschatz
  • Rolle Agiler Ansätze als unternehmensweites Vorgehen

Termin für Einreichungen ist der 28. April 2009, Details findet man auf der Workshop-Seite.

Aufruf zu Eireichungen: OOPSLA 2009 Workshops

Als Mitglied im Workshop Kommitee der diesjährigen OOPSLA bin ich moralisch schon fast verpflichtet, auch ein wenig die Werbetrommel zu rühren: Wer Interesse hat, für die OOPSLA vom 25. bis 29.10.09 in Orlando, Florida einen Workshop einzureichen, hat noch bis zum 19. März Zeit.

Die OOPSLA Workshops gehören zu den interessantesten Konferenzveranstaltungen, die ich kenne, da dort die Möglichkeit besteht, zu vielen Themen die weltweit führenden Köpfe in einen Raum zu holen und diskutieren zu lassen. In OOPSLA Workshops hat nicht nur die Patternbewegung ihren Ursprung, sondern auch große Teile der agilen Entwicklung.

Weitere Informationen findet man im offiziellen Call for Papers.

[OOP 2009] Workshop Agile Praxis erleben

Haben Sie mittlerweile alles über Agilität gelesen, was Ihnen über den Schreibtisch kam? Klingt das für Sie alles „irgendwie logisch“, aber so ganz können Sie sich noch nicht vorstellen, wie das in der Praxis funktionieren soll? Würden Sie das alles gerne einmal in der Praxis ausprobieren? Aber am besten, ohne dabei Ihr Projekt, Ihre Karriere und Ihren Job zu riskieren? Dann möchten wir Sie herzlich einladen zu unserem eintägigen Workshop „Agile Praxis erleben“ am Freitag, 30. Januar auf der OOP in München.

„Wir“, das sind Henning Wolf und Bernd Schiffer von it-agile sowie ich und möglicherweise wird uns auch noch Johannes Link unterstützen. Wir werden mit Ihnen ein agiles Projekt durchführen, mit (fast) allem, was dazu gehört: Planungstechniken, Produktverantwortliche, Entwickler, Tester, Backlog, Retrospektiven und so weiter. Nur auf eine Demo zur testgetriebenen Entwicklung werden wir aus Zeitgründen verzichten müssen. Sie werden in die gleichen Probleme laufen, die Sie auch in Ihren eigenen Projekten anfangs hätten, Sie werden lernen, wie Sie diese Probleme in den Retrospektiven anpacken können und Schritt für Schritt besser werden können. Und zu guter letzt stehen Ihnen noch drei oder vier der erfahrensten „Agilisten“ Deutschlands Rede und Antwort auf Ihre Fragen. Das Ganze garantiert ohne Powerpoint, Beamer, oder Computer in einer Entwicklungsumgebung, die Sie nicht nur mit Sicherheit beherrschen, sondern die auch noch allen Beteiligten eine Menge Spaß bringt.

Wir haben den Workshop bereits auf den XPDays 2008 in Hamburg durchgeführt und die Erwartungen aller Teilnehmer erfüllen können. Allerdings sollten Sie sich beeilen, der Workshop ist auf 25 Teilnehmer begrenzt.