Alistair Cockburns Keynote „I come to bury Agile, not to praise it“ als Video

Alistair Cockburns keynote auf der Agile 2009 in Chciago steht als Video kostenlos zur Verfügung: http://www.infoq.com/presentations/cockburn-bury-not-praise-agile. Wer Cockburn noch nicht kennt, kann seinen kritischen und fundamentalen Blick auf Agilität kennenlernen, ebenso wie auch seinen Vortragsstil. Wer ihn kennt, kann sich über seine leicht adaptierte Rede des Marc Antonius aus der Beerdigungsszene von Shakespears „Julius Cäsar“ freuen, aus der er auch den Titel des Vortrags entnommen hat. Diese Rede hält Marc Antonius in dem Schauspiel als Antwort auf Brutus‘ Nachruf am Grabe Cäsars. Für alle, die sich näher dafür interessieren, habe ich unten das Original von Shakespear angehängt, das einiges zum Verständnis von Alistairs Text beiträgt.

Wer Cockburn selbst in relativ kleiner Runde erleben will, hat Ende November dazu in Deutschland Gelegenheit im Rahmen zweier dreitägiger CSM-Kurse. Noch sind Plätze frei.

I come to bury Caesar, not to praise him;
The evil that men do lives after them,
The good is oft interred with their bones,
So let it be with Caesar … The noble Brutus
Hath told you Caesar was ambitious:
If it were so, it was a grievous fault,
And grievously hath Caesar answered it …
Here, under leave of Brutus and the rest,
(For Brutus is an honourable man;
So are they all; all honourable men)
Come I to speak in Caesar’s funeral …
He was my friend, faithful and just to me:
But Brutus says he was ambitious;
And Brutus is an honourable man….
He hath brought many captives home to Rome,
Whose ransoms did the general coffers fill:
Did this in Caesar seem ambitious?
When that the poor have cried, Caesar hath wept:
Ambition should be made of sterner stuff:
Yet Brutus says he was ambitious;
And Brutus is an honourable man.
You all did see that on the Lupercal
I thrice presented him a kingly crown,
Which he did thrice refuse: was this ambition?
Yet Brutus says he was ambitious;
And, sure, he is an honourable man.
I speak not to disprove what Brutus spoke,
But here I am to speak what I do know.
You all did love him once, not without cause:
What cause withholds you then to mourn for him?
O judgement! thou art fled to brutish beasts,
And men have lost their reason…. Bear with me;
My heart is in the coffin there with Caesar,
And I must pause till it come back to me.
William Shakespear

CSM+Crystal Kurse mit Alistair Cockburn

Wie ich bereits vor vier Wochen angekündigt hatte, biete ich gemeinsam mit dem Scrum-Center und andrena objects zwei dreitägige CSM-Kurse inklusive Einführung in Crystal mit Alistair Cockburn an. Die Kurse finden statt am:

Die Kursgebühr beträgt € 1800,00 zzgl. MWSt. Wer jemals einen Workshop mit Alistair erlebt hat, weiß dass sich die Investition lohnt.

Die Kurse finden in Englisch statt, Rückfragen können aber auch auf Deutsch gestellt werden.

Darüber hinaus gibt es auch noch die Möglichkeit von Inhouse-Workshops mit Alistair Cockburn und mir oder Alistair Cockburn alleine. Anfragen können Sie per E-Mail an mich senden.


Kursbeschreibung von Alistair

Alistair Cockburn
Certified Scrum Master and Introduction into the Crystal method family

This workshop is based on the award-winning book Agile Software Development: The Cooperative Game, on Crystal Clear: A Human-Powered Methodology for Small Teams, and on Agile Project Management with Scrum. The first part of the course gives the attendee a gut feeling for the is and isn’t of agile development; the second sets out Scrum and the role of the ScrumMaster; the third introduces Crystal with it’s 7 Properties of Highly Successful Projects.

Each part introduces its concepts with small lecture, followed by team activities to anchor them. The activities are constructed to give attendees a sense for how it feels to be doing some of the key practices as well as what how it feels not to do them. The techniques reviewed are valuable in carrying out any kind of project, not only agile ones.

  • Basic Agile
    • How to understand agile development in the larger context of real-world software development.
    • Cooperation, communication, incremental development and reflection as critical factors in project success.
  • Scrum
    • The heart of Scrum: collaborate & deliver; inspect & adapt.
    • The ScrumMaster role (including becoming a Certified ScrumMaster)
  • Crystal
    • How Crystal’s reflection adds to generic agile and generic Scrum.
    • Applying the 7 properties of highly successful projects

Course Goal for Attendees

  • Understand what is agile and what isn’t agile development
  • Have a gut feeling for teamwork, communication, frequent customer interaction and frequent delivery
  • Understand Scrum, the role of the ScrumMaster, and the Crystal methodology family as techniques in setting up and running projects
  • Have a few techniques to take home and use immediately
  • Walk away with a „Certified ScrumMaster“ certificate

Instructor

Dr. Alistair Cockburn, author of the Jolt-award winning books, Agile Software Development: The Cooperative Game and Writing Effective Use Cases , coauthor of the Agile Manifesto and Project Management Declaration of Interdependence, and Certified Scrum Trainer.

Level: Beginner and Intermediate

Who Should Attend: Participants keep saying, „I wish my boss had come to this!“, so it is a good idea if people from every level and role attend.

Alistair Cockburn gibt CSM-Kurs in Deutschland im November

In Zusammenarbeit mit dem Scrum-Center und andrena objects ist es uns möglich, voraussichtlich zwei dreitägige CSM-Kurse mit Alistair Cockburn in der zweiten Hälfte November anbieten zu können. In Planung ist derzeit ein Kurs in München und einer in Frankfurt. Bei mindestens einem davon werde ich assistieren.

Zudem gibt es ein kleines Zeitkontingent für Inhouse-Workshops entweder mit Alistair alleine oder Alistair und mir gemeinsam.

Alistair ist der Schöpfer der Crystal Methodenfamilie und einer der Autoren des agilen Manifests. Ich persönlich habe nicht nur einen großen Teil meines eigenen agilen Handwerks von ihm gelernt, sondern auch seinen interaktiven Stil in Workshops und Schulungen immer sehr genossen. Dies ist eine seltene Gelegenheit für alle, die Agilität von einem ihrer Schöpfer kennen lernen wollen und dabei auch noch ein Zertifikat als „Certified Scrum Master“ erhalten wollen. Die Kurse werden in Englisch stattfinden, Alistair spricht aber gut genug Deutsch, um auch auf deutsch gestellte Fragen beantworten zu können.

Nähere Informationen zu den Schulungen werden wir im Laufe der nächsten Wochen veröffentlichen. Bei Interesse an Inhouse-Workshops wenden Sie sich bitte an mich.

Ziele agiler Planung

Wenn agile Planung richtig durchgeführt wird, leistet sie einen wichtigen Beitrag, das Projekt zum Erfolg zu führen. Dabei ist Erfolg nicht als Einhaltung von Zeit, Umfang, Budget und Qualität definiert, sondern als Beitrag zur Maximierung des Geschäftsnutzens der Software. Das bedeutet, dass agile Planung sowohl die Effektivität der Softwareentwicklung fördern sollte, als auch deren Effizienz – und zwar in dieser Reihenfolge.

Zur Förderung der Effektivität werden mehrere Teilziele verfolgt:

  • Das Team soll sich darauf fokussieren durch die Anwendung den geschäftlichen Mehrwert des Systems zu optimieren
  • Das Planungsverfahren soll Änderungen unterstützen und nicht erschweren. Änderungen gelten im agilen Kontext als unvermeidlich und sind Teil des Lernprozesses aller Beteiligten
  • Risiken sollen minimiert werden, also entweder frühzeitig ausgeschaltet oder durch entsprechende Sicherungen unschädlich gemacht werden. In diesem Sinne ist Risikomanagement integraler Bestandteil agiler Planung

Weitere Teilziele sollen die Effizienz der Entwicklungsarbeit optimieren:

  • Voneinander abhängige Aktivitäten sollen koordiniert werden
  • Die Planung soll realistische Voraussagen ermöglichen, damit sich andere Projektbeteiligte rechtzeitig darauf einstellen können. Zum Realismus zählt auch das explizite Eingeständnis, dass jede Voraussage nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintritt. Eine Abschätzung für diese Wahrscheinlichkeit ist eine der „Königsdisziplinen“ agiler Planung
  • Die Planung sollte eine Basis für realistische Statusbestimmungen liefern. Dafür muss klar definiert sein, wann eine Aufgabe abgeschlossen ist. Dieses Kriterium muss sich an dem Beitrag zum Projektergebnis orientieren, es muss eindeutig feststellbar sein und darf nicht interpretierbar sein. Der Fortschritt sollte sich an den ausgeräumten Risiken orientieren und der Status muss ausreichend Informationen enthalten, um schnelle Eskalationen zu ermöglichen

Interessant sind aber auch Ziele, die oft mit Plänen verbunden werden, die aber von agilen Planungsverfahren explizit nicht verfolgt werden:

  • Es soll keine korrekte Vorhersage des Projektablaufs erstellt werden, weil das nicht möglich ist. Erfolg ist der geschaffene Mehrwert, nicht das Einhalten eines Plans
  • Die Mitarbeiter- und Ressourcenbelegung soll nicht vorausgeplant werden, weil diese Pläne in einem nicht vorhersehbaren Umfeld sehr aufwändig und fragil sind und keinen Nutzen stiften
  • Agile Planung ist kein Vehikel, um über „ambitionierte Pläne“ Druck auf das Team auszuüben. Hilfreicher Druck kommt in agilen Teams vom gemeinsam verfolgten Ziel. Übermäßiger Druck führt zu Qualitätseinbußen und damit kritischen Zeitverzögerungen. Die Grenze zwischen heilsamer Fokussierung und übermäßigem Druck liegt deutlich niedriger, als die meisten Manager glauben
  • Agile Planung ist kein Vehikel, um Verantwortung weiter zu schieben, indem man unrealistische Zulieferungstermine aufstellt und dann den Verzug verantwortlich macht für eigene Verzögerungen. Da Planungen stets mit Wahrscheinlichkeiten versehen sind, versucht wird, Abhängigkeiten aufzulösen und die Teams für Risiken Rückfallstrategien aufbauen, taugen solche Spielchen nicht mehr, um die Verantwortung abzuwälzen
  • Agile Planung erzählt Managern nicht, was sie gerne hören wollen, sondern bietet einen realistischen Blick auf das, was möglich ist. Das erfordert für viele Manager Umgewöhnung, erlaubt ihnen aber, früher zu reagieren und schädliche Auswirkungen zu begrenzen

Agile Planung ist damit ein wichtiges Instrument für das Team und das Management, die Wertschöpfung eines Projekts nicht so sehr trotz, sondern mit Hilfe vieler Änderungen zu optimieren. Wie Jim Highsmith schreibt: „Agile Projektmanager kümmern sich bevorzugt um Wertschöpfung, Teams und Anpassbarkeit. Diese sind für ein erfolgreiches Projekt wichtiger, als die Beschränkungen durch Zeit, Kosten und Anforderungen“ („Cutter Agile E-Mail Advisor“ am 13.11.2008, Cutter Consortium).

Crystal Methodenfamilie in einer Minute

Ich wurde kürzlich von Peter Stevens auf der Deutschen Scrum Liste gefragt, wo man Crystal in zehn Minuten nachlesen könne. Ich denke, meine Antwort ist auch für Nicht-Scrummer interessant, deshalb hier noch mal in „voller Schönheit“ mit ein paar zusätzlichen Links.

Gibt es irgendwo ein „Crystal in 10 Minuten“? – Ein google dafür hat nichts nützliches produziert…

Starte vielleicht mal mit http://alistair.cockburn.us/Crystal+light+methods, das dürfte ca. 10 Minuten dauern.

> Oder was ist besonders an Crystal?

Der Kern in drei Sätzen:

  1. Arbeite in kurzen Iterationen
  2. Mache regelmäßig Retrospektiven
  3. Kommuniziere eng

Das ist sozusagen erstmal die Essenz agilen Arbeitens.

Basis sind Alistair Cockburns Überlegungen zur Software Entwicklung als kooperativem Spiel, sowie seine „Feldforschungen“ seit den frühen Neunziger Jahren.

Um das zu unterstützen bietet Crystal sehr viele Praktiken, die sich je nach Kontext einsetzen lassen. Allerdings nicht wie Scrum oder XP (1.0) mit dem Hinweis „So muss man es machen“, sondern mit einem „in dieser Situation haben Teams gute Erfahrung gemacht, jenes zu machen mit folgenden Konsequenzen“. Meines Wissens lassen sich sowohl alle Scrum Praktiken als auch alle XP Praktiken mit Crystal abdecken.

Crystal ist damit viel näher an einer Patternsammlung, als an einem Prozess. Deshalb redet Alistair auch von einer „Methodenfamilie“, bei denen die Methoden nach Kritikalität und Teamgröße zusammen gesetzt werden mit dem Ziel, die „Gerade noch ausreichende Methode“ zu finden. „Crystal Clear“ ist zum Beispiel für Teams bis zu 10 Personen in Projekten, bei denen es nicht um Menschenleben geht. Er deklariert Crystal auch ganz klar als Hilfe für Fortgeschrittene und nicht als Anfängermethode (siehe dazu auch http://alistair.cockburn.us/Shu+Ha+Ri). Sein Ziel ist also nicht unbedingt Minimalismus in der Beschreibung, wie es von Scrum und XP verfolgt wird, sondern Minimalismus im Einsatz.

Crystal bildet damit die Brücke zwischen den agilen „Meta-Methoden“ wie ASD (Jim Highsmith) und Lean Software Development (Mary und Tom Poppendieck) und den eher prozessartig gestalteten Verfahren wie XP und Scrum. Es ist ein Baukasten aus Praktiken mit Regeln, wie sie zusammen gesetzt werden.

Neben Alistair Cockburns Webseite gibt es zwei Bücher von ihm zu dem Thema:

Das Zertifizierungsverfahren ist noch lange nicht so ausgefeilt, wie bei Scrum, es gibt aber immerhin eine handvoll „Certified Crystal Practitioners“, die zu der Ehre gekommen sind, weil Alistair ihre Arbeit gesehen und für gut befunden hat.

Crystal in einem Satz

Alistair Cockburn fasst die Essenz der Crystal Methoden in seinem Blog-Eintrag „Crystal is about Self-Awareness“ sehr schön zusammen:

  • Scrum is about self-organization
  • XP is about self-discipline
  • Crystal is about self-awareness

Vielleicht kommt es daher, dass sich viele Anfänger zunächst auf Rezeptverfahren wie Scrum und XP (Version 1.0) stürzen: Konzepte der Selbst-Erkenntnis sind sperrig und benötigen mehr Erfahrung, als klare Kochrezepte. „Crystal ist für Fortgeschrittene“ sagt Alistair auch deutlich.

Die Rezepte sind ein guter Start. Über kurz oder lang fällt aber eine Entscheidung: Bleibt man auf Rezeptniveau, indem man über Prozesse und Praktiken streitet, dann kann man die Einführung agiler Verfahren irgendwann als gescheitert betrachten. Oder übernimmt das Team irgendwann über Retrospektiven die Kontrolle und beginnt, den Prozess als Arbeitsmittel selbst zu gestalten. Dann ist man im wesentlichen bei Crystal gelandet bzw. hat den Schritt nachvollzogen, den XP beim Übergang auf Version 2.0 gemacht hat.