11. Februar: The Day we Fight Back“ gegen NSA Massenüberwachung

tl;dr (Für Eilige)

Die Massenüberwachung des Internets zerstört unsere Demokratie und liefert uns Kriminellen und Geheimdiensten aus. Beteiligen Sie sich am Day we Fight Back, um ein Zeichen dagegen zu setzen.

Worum geht’s?
Am 11. Februar veranstaltet ein breit aufgestelltes Aktionsbündnis den „Day we fight back„, eine internationale Protestaktion möglichst aller Internetnutzer gegen die Massenüberwachung von NSA, GCHQ und anderen Geheimdiensten. Es soll die bisher größte Massenprotestaktion im Internet werden.

Was ist geplant?
Möglichst viele Bürger sollen sich am 11. Februar in E-Mails und Telefonanrufen an ihre gesetzgebenden Organe wenden und Einspruch einlegen gegen die Massenüberwachung. In den USA sind das die Kongressabgeordneten. In Deutschland könnten wir Regierungsmitglieder wie den Außenminister, den Innenminister, den Justizminister oder die Bundeskanzlerin bitten, sich für die Sicherung unserer Grundrechte einzusetzen und diplomatische Schritte einzuleiten. Den Generalbundesanwalt könnten wir bitten, die anhängigen Strafanzeigen zügig zu bearbeiten. Den Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises könnten Sie bitten, einen entsprechenden Untersuchungsausschuss zu unterstützen. Und natürlich dürfen sich auch deutsche Staatsbürger mit Bitten an US Gesetzgeber oder den Präsidenten wenden. Weitere Details zu der Aktion findet man unter https://www.thedaywefightback.org oder in deutscher Sprache bei iRights.

Damit ausreichend Menschen davon erfahren, können wir Informationen über die Aktion in Blogs und sozialen Netzwerken austauschen und es steht auch ein Overlay für Profilbilder zur Verfügung.

Warum sollte ich mich beteiligen?

Nur ein paar wenige der Fakten, die in den letzten sechs Monaten herausgekommen sind (siehe auch z.B. Süddeutsche.de):

  • Das Ziel von NSA, GCHQ und den anderen beteiligten Geheimdiensten ist die vollständige Überwachung von Internet und Mobiltelefonie
  • Aufgrund der aktuellen Rechtslage kann die NSA jede amerikanische Internetfirma zwingen, ihr Zugang auf die Daten eines Kunden zu gewähren. Das heißt konkret, dass die NSA zum Beispiel Zugriff auf alle Suchanfragen dieser Person bei Google erzwingen kann und damit von praktisch jedem Internetnutzer ein weitgehend vollständiges Persönlichkeitsprofil erstellen kann. Dieser Zugriff erfolgt auf Anordnung eines Geheim“gerichts“, das keine Verteidiger kennt und dessen Urteile geheim sind. Die Betroffen dürfen also nicht einmal erfahren, dass sie so umfassend ausgespäht wurden. Das ist Pseudogerichtsbarkeit, die rechtsstaatliche Prinzipien vollständig aushebelt. Im ersten Halbjahr 2013 wurden alleine bei den großen Internetkonzernen mindestens 59000 Nutzerkonten auf diese Weise ausgeforscht.
  • Die NSA nutzt diese Daten zur Wirtschaftsspionage. So ist unter anderem der brasilianische Ölkonzern Petrobas Opfer eines breit angelegten Angriffs geworden
  • Die NSA hat die Mobiltelefone der Staatschefs von 35 Ländern abgehört, darunter Angela Merkel und Gerhard Schröder
  • Der GCHQ ist mit technischer Hilfe der NSA in die Infrastruktur des belgischen teilstaatlichen Telekomproviders Belgacom eingedrungen, um Zugriff auf Mobiltelefone in Belgien zu bekommen und damit das belgische Fernmeldegeheimnis zu unterminieren
  • Die NSA investierte 2013 25,1 Mio $ in den Schwarz- und Graumarkt für Sicherheitslücken in Betriebssystemen. Auf diesem Markt werden Informationen über potenzielle Angriffswege an Kriminelle und Geheimdienste verkauft, statt sie zur Behebung an die Hersteller zu melden. Damit ist die NSA der mit Abstand zahlungskräftigste Mitspieler in diesem Markt, der uns Alle Angriffen von Kriminellen und Geheimdiensten aussetzt.
  • Die NSA erfasst „vermutlich“ die Verbindungsdaten der Telefone von Kongressabgeordneten und ihren Mitarbeitern, späht mithin die demokratisch gewählte amerikanische Legislative aus.

Diese und viele weitere nachgewiesenen und von der NSA nicht dementierten und zum Teil sogar bestätigten Fakten lassen Vermutungen über das Können der NSA zu, insbesondere da erst ein Teil der Unterlagen von Edward Snowden ausgewertet und veröffentlicht wurden.

Eine gar nicht so unrealistische Überlegung: Die NSA dürfte in der Lage sein, binnen weniger Tage über jeden beliebigen Internetnutzer und/oder Mobiltelefonnutzer weltweit ein umfassendes Dossier anzulegen – wenn sie das nicht ohnehin tut. Das bedeutet das wohl umfassendeste Erpressungs- und Drohpotenzial gegen Einzelpersonen der Menschheitsgeschichte. Es kann die Machtverhältnisse zwischen dem Geheimdienst und den kontrollierenden Instanzen umdrehen und damit de facto einen „geheimen Staatsstreich“ ermöglichen, von dem die Bevölkerung nicht mal erfährt. Ob dieses Erpressungspotenzial bereits gegen Verantwortliche aus Regierungen oder Gesetzgeber eingesetzt wurde, oder ob wir hier den Bereich der Verschwörungstheorien betreten, wissen wir nicht. Schon die reine Möglichkeit zerstört das Vertrauen zwischen Volk und Parlamenten mehr, als jede Lobbykampagne das könnte.

Bei der ungeheuren Menge der gespeicherten Daten ist es zudem nur eine Frage der Zeit, bis nicht nur Whistleblower sondern auch Kriminelle Daten stehlen und sie für Identitätsdiebstahl, Betrug und Erpressung einsetzen. Auch wer nichts zu verbergen hat, hat etwas zu befürchten.

Nützt die Aktion etwas?

Eine ähnliche Aktion hat bereits 2012 einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, dass der „Stop Online Piracy Act“ SOPA zu Fall gebracht wurde. Die Wirkung ist umso größer, je eindrucksvoller der Protest ausfällt, also je mehr Menschen sich beteiligen. Und die Wirkung ist sicher größer, als wenn man gar nichts unternimmt. Leider hängt die Wirksamkeit der Aktion auch davon ab, wie weit die Aushöhlung unserer Demokratien durch die Geheimdienste bereits fortgeschritten ist.

Wer steckt dahinter?

Die Aktion wird von einer breiten Front von Organisationen und Unternehmen getragen, unter anderem die Electronic Frontier Foundation, Greenpeace, Mozilla und Thoughtworks. Ich kenne Personen aus diesen Organisationen persönlich und halte sie für integer.